Navigation überspringen
Navigation überspringen  

Berufsbild "Rechtspflege"

Eigenschaften und Fähigkeiten

Die vielfältigen und sehr anspruchsvollen Aufgaben der Rechtspflegerin / des Rechtspflegers erfordern ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein und Entschlussfähigkeit. Gleichzeitig hat der Rechtspfleger (m/w/d) seine Entscheidungen aufgrund der sachlichen Unabhängigkeit unbeeinflusst von äußeren Einwirkungen und im Einklang mit dem Gesetz zu treffen.

Der effektive Umgang mit dem Publikum setzt zudem Persönlichkeiten mit Einfühlungsvermögen, Einsatzfreude und sozialer Kompetenz voraus.

Der Rechtspfleger / Die Rechtspflegerin hat die ihm unterbreiteten Lebenssachverhalte eigenständig zu erfassen, zu ordnen und mit dem nötigen Organisationsgeschick im gerichtlichen Verfahren aufzuklären, nur dann kann auch die zutreffende juristische Beurteilung und sachgerechte Lösung der erkannten Rechtsfragen gelingen.

Von großer Bedeutung sind daher eine schnelle Auffassungsgabe, das logische Denken in Strukturen und ein gutes mündliches und schriftliches Ausdrucksvermögen, um Entscheidungen angemessen und für die Beteiligten nachvollziehbar treffen zu können.

Häufig fordert dies ferner Verständnis für wirtschaftliche, soziale und rechtspolitische Zusammenhänge, die auch über den Kernbereich der rechtspflegerischen Tätigkeiten hinausgehen können.

Die fortwährende Rechtsentwicklung verlangt dem Rechtspfleger (m/w/d) außerdem die dauernde eigenständige Aneignung neuer Rechtskenntnisse und deren rasche Umsetzung in der beruflichen Praxis ab. Der Fachbereich Rechtspflege unterstützt die Praxis durch das Angebot entsprechender fachwissenschaftlicher Fortbildungen.

 

© Ministerium für Justiz, Gleichstellung und Verbraucherschutz MV
© Ministerium für Justiz, Gleichstellung und Verbraucherschutz MV

Aufgabenbereiche

Rechtspfleger/-innen sind vor allem in den Amtsgerichten und in den Staatsanwaltschaften tätig. Nachfolgend soll ein nicht abschließender Überblick über die wichtigsten Aufgaben gegeben werden:

  • Nachlasssachen, z. B.
    • Eröffnung von Testamenten und Beurkundung von Erbscheinsanträgen
    • Erteilung von Erbscheinen bei gesetzlicher und testamentarischer Erbfolge
    • Bestellung und Überwachung von Nachlasspflegern (m/w/d) bei unbekannten Erben
  • Familien- und Betreuungssachen, z. B.
    • Bestellung von Vormündern und Pflegern (m/w/d) und deren Kontrolle
    • Amtseinführung und Überwachung von Betreuern/-innen
    • Prüfung der Rechnungslegungen von Betreuern und Vormündern (m/w/d)
    • Genehmigung vielfältiger Rechtsgeschäfte (Kontoabhebungen, Wohnungskündigungen, Geldanlagen, Grundstücksgeschäfte ...)
  • Grundbuchsachen, z. B.
    • Eintragung und Löschung von Eigentümern, Hypotheken, Grundschulden, Dienstbarkeiten, Wohnungsrechten
    • Bildung von Wohnungs- und Teileigentum und Bestellung von Erbbaurechten
    • Berichtigung der Grundbücher bei Flurbereinigungen und Sanierungen
  • Registersachen, z. B.
    • Führung des Vereins-, Genossenschafts- und großer Teile des Handelsregisters
    • Eintragung von Kaufleuten, Offenen Handels- und Kommanditgesellschaften
    • Eintragung von Prokuristen, Geschäftsführern und Gesellschafterwechseln (m/w/d)
  • Zwangsvollstreckungssachen, z. B.
    • Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung von Grundstücken
    • Pfändung von Forderungen und Rechten (z.B. Arbeitseinkommen, Kontoguthaben)
    • Gewährung von Pfändungsschutz für den Schuldner/die Schuldnerin
  • Insolvenzverfahren, z. B.
    • Durchführung von Privat- und Unternehmensinsolvenzen
    • Leitung von Gläubigerversammlungen
    • Erteilung der Restschuldbefreiung
  • Strafvollstreckung, z. B.
    • Durchsetzung der vom Gericht verhängten Geld- und Freiheitsstrafen
    • Ladung der Verurteilten zum Haftantritt und Überwachung der fristgerechten Verbüßung
  • Rechtsantragsstelle, z. B.
    • Aufnahme von Klagen, Anträgen auf Erlass einstweiliger Verfügungen
    • Bewilligung von Beratungshilfe
  • Besondere Tätigkeitsfelder, z. B.
    • Verwaltungs- und Führungsaufgaben bei Gerichten und Staatsanwaltschaften z.B. als Geschäftsleiter/in
    • Vertretung der Staatskasse als Bezirksrevisor (m/w/d)
    • Wahrnehmung der Aufgaben eines Staatsanwalts / einer Staatsanwältin bei einfachen und mittelschweren Straftaten als Amtsanwalt/Amtsanwältin

Berufs- und Aufstiegschancen

In den letzten Jahren sind nahezu alle Absolventen/-innen nach erfolgreicher Beendigung des Studiums in den Justizdienst übernommen worden. Im Beamtenverhältnis bestehen Beförderungsmöglichkeiten zum/zur

  • Justizoberinspektor/in (Besoldungsgruppe A 10),
  • Justizamtmann/Justizamtfrau (Besoldungsgruppe A 11),
  • Justizamtsrat/Justizamtsrätin (Besoldungsgruppe A 12),
  • Justizoberamtsrat/Justizoberamtsrätin (Besoldungsgruppe A 13).

Die Tätigkeit als Amtsanwalt (m/w/d) erfordert eine zusätzliche 15 Monate dauernde Ausbildung im Bereich des Strafrechts und das erfolgreiche Bestehen der Prüfung. Als Anklagevertreter/in der Staatsanwaltschaft bei den Amtsgerichten können Amtsanwälte und Amtsanwältinnen (Besoldungsgruppe A 12) zu Oberamtsanwälten/-innen (Besoldungsgruppe A 13) befördert werden.

Darüber hinaus bieten sich auch außerhalb der Landesjustiz Berufschancen u.a. in folgenden Bereichen:

  • Bundesbehörden (z.B. Bundesamt für Justiz),
  • Vollstreckungsabteilungen von Kreditinstituten,
  • Insolvenzverwalterbüros,
  • Notariate.

Ausblick

Dem Rechtspfleger (m/w/d) vergleichbare Berufe gibt es auch in zahlreichen anderen europäischen Ländern, z.B. in Österreich, in Frankreich und Belgien (Greffier), in den Niederlanden und in Estland. Das Aufgabenspektrum und die unabhängige Rechtsstellung sind jedoch in Deutschland am weitesten entwickelt. Die Europäische Union der Rechtspfleger (EUR) ist daher derzeit bestrebt, in Zusammenarbeit mit den nationalen Berufsverbänden der Rechtspfleger und vergleichbarer Justizbediensteter das Berufsbild des europäischen Rechtspflegers (m/w/d) zu entwickeln und die Einführung in Europa voranzubringen, wobei der deutsche Rechtspfleger (m/w/d) als Vorbild dienen soll.